Am Sonntag reist Jack für zwei Wochen in die Schweiz um zu
arbeiten und ich bin bis am Donnerstag alleine auf dem Schiff.
Während dem Kochen am Dienstagnachmittag krängt das Boot sehr stark und die
Bratpfanne setzt sich in Bewegung. Ich muss aufpassen, dass ich nicht umkippe. Die
Petrollampe schwingt hin und her. Draussen heult der Wind, bewegtes Wasser
gluckert an der Bordwand, Falle schlagen kräftig an den Mast, ich habe das
Gefühl mit voller Fahrt und gesetzten Segeln weit draussen auf See zu sein. Ich
esse und schaukle von einer Seite auf die Andere.
Es wird Zeit um nachzuschauen ob draussen alles in Ordnung
ist. Ich gehe an Deck und muss mit schrecken feststellen, dass die Fender flach
zusammengedrückt zwischen Boot und Steg hängen. Die Bordwand, die es zu
schützen gilt, befindet ich nur Millimeter vom Steg entfernt. Alles Drücken
meinerseits nützt nichts um ein bisschen Platz für einen der anderen Fender zu
erhalten, die Gewalt des Sturmes der seit dem Vortag ununterbrochen bläst, ist
viel zu stark.
Ich versuche, einen der anderen Fender anders zu platzieren,
doch auch das will nicht gelingen. Da kommt mir die alte Schwimmweste in den
Sinn, ich hole sie und quetsche sie zwischen den kleinen Abstand zwischen Boot
und Steg während ich auf meine Finger aufpassen muss.
Ich schreibe Jack und schildere ihm die missliche Situation
und ob er eine Idee hätte, wie ich das Unheil fernhalten kann. Er schreibt mir,
ich solle versuchen, eine Leine von Steuerbord zum hinteren Steg zu spannen
oder eine Leine in einen Sack tun und als Fender benutzen.
Ich versuche deshalb mit einer Festmacherleine das Boot
etwas vom Steg wegzuziehen, es stellt sich kein Erfolg ein. Also bastle ich mit
einer Leine und einem Sack einen Fender und stosse ihn neben der Schwimmweste
in den Spalt. Es sieht nicht schlecht aus. Meine Finger beginnen vor Kälte
unbeweglich zu werden, es ist Zeit, dass ich wieder ins Boot an die Wärme
komme. Immer genau in den Momenten die ich an Deck verbringe, beginnt es zu
Regnen um kurz danach wieder aufzuhören.
Ich gehe ins Bett mit einem mulmigen Gefühl. Die vielen
Geräusche sind beunruhigend, überall klappert es und die Fender quietschen an
der Bordwand. Ich überlege mir, ob es zulässig ist oder eher verantwortungslos,
dass ich das Boot tatenlos dem Sturm überlasse. Doch was soll ich tun? Kann ich
überhaupt eingreifen?
Nach stundelangem Gedankenspiel schlafe ich ein um bald
wieder von brutalen Böen die das Schiff zerstörerisch gegen den Steg schlagen
lassen aufzuwachen. Das Schiff stampft im Wasser, das Dingi wird vom Wind
aufgehoben und purzelt an den Davids wild umher, der Landstrom hat sich
verabschiedet und in meinem Kopf entsteht ein Bild des zerstörten Bootes.
Draussen wird es hell und ich fantasiere, dass ich weit
draussen auf hoher See vor Top und Takel ablaufe. Es wird Zeit mir die
Bescherung anzusehen. Ich atme auf, als ich sehe, dass die zerquetschten
Fender, der Leinensack und die Schwimmweste noch am selben Platz sind.
Ich schnappe mir mein Fahrrad und mit Rückenwindantrieb
sausse ich zum Werftshop, um flache Fender zu kaufen. Das Geschäft ist
geschlossen, es ist Koningsdag. Ich mache kehrt und fahre mit Gegenwind zum
Einkaufsladen, der täglich geöffnet hat. Ich erblicke kleine Heuballen in der
Tierabteilung und lege mir einen davon in meinen Einkaufskorb.
Zurück beim Schiff bastle ich mir mit einer Leine, einem
Sack und dem Heuballen einen Fender. Mit dem frisch gebastelten Fender gehe ich
auf den Steg, der Wind hat etwas nachgelassen und ich kann ihn gut zwischen dem
Boot und dem Steg platzieren. Es sieht gut aus, das Boot wird dank dem neuen
Fender etwas mehr auf Distanz zum Steg gehalten. Sofort nimmt der Wind wieder
an Stärke zu und es Regnet wie wild, beruhigt flüchte ich ins Innere.
Am Nachmittag ist es plötzlich still um mich und ich spüre
keine Bootsbewegungen. Kann das sein, ist der Sturm vorbei? Ich traue ihm
nicht. Etwas später, ziehen immer wieder Böen vorbei. Laut Internet soll der
Wind gegen Abend nachlassen.
Als heute Morgen mein Tauchfreund Fritz aus der Schweiz den
Steg betritt, ist es friedlich im Hafen, das Wasser ist spiegelglatt. Voller
Tatendrang pumpt Fritz sofort die Fender auf und fischt den verlorenen
Kugelfender unter dem Steg hervor.
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