Donnerstag, 28. April 2016

Scharendijke: 3 Tage Sturm



Am Sonntag reist Jack für zwei Wochen in die Schweiz um zu arbeiten und ich bin bis am Donnerstag alleine auf dem Schiff.
 
Während dem Kochen am Dienstagnachmittag krängt das Boot sehr stark und die Bratpfanne setzt sich in Bewegung. Ich muss aufpassen, dass ich nicht umkippe. Die Petrollampe schwingt hin und her. Draussen heult der Wind, bewegtes Wasser gluckert an der Bordwand, Falle schlagen kräftig an den Mast, ich habe das Gefühl mit voller Fahrt und gesetzten Segeln weit draussen auf See zu sein. Ich esse und schaukle von einer Seite auf die Andere.

Es wird Zeit um nachzuschauen ob draussen alles in Ordnung ist. Ich gehe an Deck und muss mit schrecken feststellen, dass die Fender flach zusammengedrückt zwischen Boot und Steg hängen. Die Bordwand, die es zu schützen gilt, befindet ich nur Millimeter vom Steg entfernt. Alles Drücken meinerseits nützt nichts um ein bisschen Platz für einen der anderen Fender zu erhalten, die Gewalt des Sturmes der seit dem Vortag ununterbrochen bläst, ist viel zu stark.


Ich versuche, einen der anderen Fender anders zu platzieren, doch auch das will nicht gelingen. Da kommt mir die alte Schwimmweste in den Sinn, ich hole sie und quetsche sie zwischen den kleinen Abstand zwischen Boot und Steg während ich auf meine Finger aufpassen muss.


Ich schreibe Jack und schildere ihm die missliche Situation und ob er eine Idee hätte, wie ich das Unheil fernhalten kann. Er schreibt mir, ich solle versuchen, eine Leine von Steuerbord zum hinteren Steg zu spannen oder eine Leine in einen Sack tun und als Fender benutzen.

Ich versuche deshalb mit einer Festmacherleine das Boot etwas vom Steg wegzuziehen, es stellt sich kein Erfolg ein. Also bastle ich mit einer Leine und einem Sack einen Fender und stosse ihn neben der Schwimmweste in den Spalt. Es sieht nicht schlecht aus. Meine Finger beginnen vor Kälte unbeweglich zu werden, es ist Zeit, dass ich wieder ins Boot an die Wärme komme. Immer genau in den Momenten die ich an Deck verbringe, beginnt es zu Regnen um kurz danach wieder aufzuhören.

Ich gehe ins Bett mit einem mulmigen Gefühl. Die vielen Geräusche sind beunruhigend, überall klappert es und die Fender quietschen an der Bordwand. Ich überlege mir, ob es zulässig ist oder eher verantwortungslos, dass ich das Boot tatenlos dem Sturm überlasse. Doch was soll ich tun? Kann ich überhaupt eingreifen?

Nach stundelangem Gedankenspiel schlafe ich ein um bald wieder von brutalen Böen die das Schiff zerstörerisch gegen den Steg schlagen lassen aufzuwachen. Das Schiff stampft im Wasser, das Dingi wird vom Wind aufgehoben und purzelt an den Davids wild umher, der Landstrom hat sich verabschiedet und in meinem Kopf entsteht ein Bild des zerstörten Bootes.

Draussen wird es hell und ich fantasiere, dass ich weit draussen auf hoher See vor Top und Takel ablaufe. Es wird Zeit mir die Bescherung anzusehen. Ich atme auf, als ich sehe, dass die zerquetschten Fender, der Leinensack und die Schwimmweste noch am selben Platz sind.

Ich schnappe mir mein Fahrrad und mit Rückenwindantrieb sausse ich zum Werftshop, um flache Fender zu kaufen. Das Geschäft ist geschlossen, es ist Koningsdag. Ich mache kehrt und fahre mit Gegenwind zum Einkaufsladen, der täglich geöffnet hat. Ich erblicke kleine Heuballen in der Tierabteilung und lege mir einen davon in meinen Einkaufskorb.

Zurück beim Schiff bastle ich mir mit einer Leine, einem Sack und dem Heuballen einen Fender. Mit dem frisch gebastelten Fender gehe ich auf den Steg, der Wind hat etwas nachgelassen und ich kann ihn gut zwischen dem Boot und dem Steg platzieren. Es sieht gut aus, das Boot wird dank dem neuen Fender etwas mehr auf Distanz zum Steg gehalten. Sofort nimmt der Wind wieder an Stärke zu und es Regnet wie wild, beruhigt flüchte ich ins Innere.












Am Nachmittag ist es plötzlich still um mich und ich spüre keine Bootsbewegungen. Kann das sein, ist der Sturm vorbei? Ich traue ihm nicht. Etwas später, ziehen immer wieder Böen vorbei. Laut Internet soll der Wind gegen Abend nachlassen.


Als heute Morgen mein Tauchfreund Fritz aus der Schweiz den Steg betritt, ist es friedlich im Hafen, das Wasser ist spiegelglatt. Voller Tatendrang pumpt Fritz sofort die Fender auf und fischt den verlorenen Kugelfender unter dem Steg hervor.

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